JULIAN HOSP: WIE SIND SIE EIGENTLICH ALS ARZT DAZU GEKOMMEN, UNTERNEHMER IM KRYPTOMARKT ZU WERDEN?
Hosp: Schon 2011 erzählte mir ein Patient vom Bitcoin, doch damals recherchierte ich nur kurz und verfolgte das Ganze zunächst nicht weiter. Im Jahr 2014 erzählte mir dann ein Freund davon und ich begann, mich intensiv mit dem Thema zu befassen. Das Investieren in Kryptowährungen faszinierte mich zunehmend. Dann wollte ich ein Krypto-basiertes Start-up im Medizinbereich starten, was aber aus verschiedenen Gründen scheiterte. Deshalb fokussierte ich mich anschließend auf den Finanzbereich und gründete 2015 TenX mit der Vision, Zahlungsvorgänge aus der neuen Krypto-Welt mit der klassischen Finanzwelt zu verschmelzen und für Nutzer einfach umsetzbar zu machen. An diesem Vorhaben arbeiten wir nach wie vor. Unser Profit liegt letztlich in den Gebühren, die bei den jeweiligen Transaktionen ohnehin bereits anfallen, ohne den Nutzer dabei schlechter zustellen.
JULIAN HOSP: ALLERDINGS GAB ES AUCH EINIGE RÜCKSCHLÄGE.
Hosp: Durchaus. Leider fiel Anfang des Jahres unser Zugang zur Visa-Zahlungsabwicklung aus, den wir über das Unternehmen Wavecrest abgebildet hatten. Das war natürlich ein Rückschlag. Auch ist es so, dass wir die geplante Beteiligung der Investoren am PAY-Token momentan nicht als dividendenähnliches Tool gestalten dürfen, sodass es aktuell nur als klassisches Treueprogramm für die Nutzung unserer Karte läuft. Das macht ein Investment in unseren PAY-Token aus fundmentaler Sicht natürlich riskant und der Marktpreis zeigt das auch deutlich. Wer also in PAY investiert, setzt letztlich vor allem auf mich, das Team, die Vision von TenX und unser Potenzial, all das auch wirklich umzusetzen. Darüber hinaus kann ich nur empfehlen, sich eingehend mit dem Thema Investieren in Kryptowährungen zu beschäftigen, da die Möglichkeiten und Risiken enorm sind.
JULIAN HOSP: WIE GEHEN SIE IN DIESER SITUATION WEITER VOR?
Hosp: Momentan streben wir eine eigene Banklizenz an, um dann direkten Zugang zu Visa zu bekommen. Es wird ein eigener Handels-Desk aufgebaut und erweitert, um mit Kryptowährungen nicht nur zu bezahlen, sondern auch kaufen und verkaufen zu können. Wir werden also sowohl als Zahlungsdienstleister als auch als Broker unterwegs sein.
B1 Boom und Bust
Julian Hosp vergleicht den Kryptomarkt mit der Internetblase, hier dargestellt anhand des NASDAQ 100. Wie damals muss auch heute bei Kryptowährungen eine massivere Bereinigung stattfi nden, bevor es einen neuen Bullenmarkt geben kann. (Quelle: www.tradesignalonline.com)
JULIAN HOSP: WIE LÄUFT DAS GANZE TECHNISCH AB?
Hosp: Ich möchte nicht zu weit ins Detail gehen, aber der entscheidende Punkt ist die Verknüpfung verschiedener Blockchains. Das ermöglicht es, die Prozesse so abzuwickeln, dass zusätzliche Intermediäre überflüssig werden. Sie werden quasi durch die Blockchain ersetzt. In jedem Fall wird als Folge dessen zumindest das Gewinnpotenzial der Intermediäre erheblich schrumpfen, wovon letztlich die Nutzer profitieren. Man kann das mit dem Entstehen des Internets vergleichen. Zuvor gab es bereits viele lokale, voneinander getrennte Intranets, die sich dann sozusagen global gleichgeschaltet als Internet auf die nächste Stufe entwickelten. So ähnlich wird es auch hier sein. Einzelne, für sich agierende Akteure mit abgegrenztem Interaktionsspielraum werden durch ein globales System ersetzt, in dem alles mit allem verknüpft ist und Transaktionen sozusagen „barrierefrei“ stattfinden.
JULIAN HOSP: ES KANN ABER AUCH NICHT ALLES IMMER ÜBER DIE BLOCKCHAIN LAUFEN, DAS WÄRE INEFFIZIENT.
Hosp: Das stimmt. Um skalierbar zu sein, braucht es eine kombinierte Architektur. Zum einen die Blockchain, auf der eine 100-prozentige Dezentralisierung ohne Kompromisse gegeben ist, um eine einwandfreie Vertrauensbasis zu schaffen. Andernfalls wäre es nur eine Art verteilte Datenbank. Ausgehend davon werden sich dann zentrale Projekte außerhalb der Blockchain ansiedeln, die auf diese zugreifen, aber durch ihren Off-Chain-Charakter hervorragend skalieren.
JULIAN HOSP: WIE SEHEN IHRE EIGENEN INVESTMENTS IM KRYPTOBEREICH AUS?
Hosp: Anfangs hatte ich zwischen fünf und zehn Prozent meines Portfolios in Kryptos investiert. Allerdings ist der Anteil dann vor allem im Jahr 2017 aufgrund der starken Kursgewinne deutlich angestiegen. Heute halte ich überwiegend Bitcoin und Ethereum sowie zusätzlich PAY und ein paar weitere kleine Anteile anderer Coins. Statt immer nur auf den Wechselkurs zum US-Dollar zu schauen, verfolge ich auch, wie sich mein Portfolio gemessen in Bitcoin im Zeitablauf entwickelt. Das zeigt mir ganz gut, wie sich die relativen Trends im Krypto-Bereich entwickeln.
JULIAN HOSP: HEISST DAS, DASS SIE BITCOIN NICHT NUR ALS REINE WÄHRUNG BETRACHTEN?
Hosp: Ich sehe Bitcoin auch als Instrument zur Wertaufbewahrung. Es ist ganz ähnlich wie bei Gold, aber eben viel flexibler einsetzbar und die physischen Lagerkosten entfallen. Deshalb denke ich, dass Bitcoin dem Gold durchaus überlegen ist.
JULIAN HOSP: HALTEN SIE IHRE POSITIONEN DAUERHAFT ODER HANDELN SIE AUCH KURZFRISTIG?
Hosp: Der größte Teil meines Krypto-Portfolios ist langfristig ausgerichtet. Allerdings habe ich von einem Freund eine automatisierte Handelsstrategie programmieren lassen, die mit einem kleinen Teil des Kapitals mittels eines Handelsroboters kurzfristig Trades in allen möglichen Kryptowährungen eingeht. Die Positionen werden hier auf Sicht von Stunden bis Tagen gehalten.
JULIAN HOSP: WIE SIEHT DER REST IHRES PORTFOLIOS AUSSERHALB DER KRYPTOS AUS?
Hosp: Hier investiere ich ganz klassisch und streue meine Positionen auf Aktien, Anleihen, Immobilien und Gold.
JULIAN HOSP: IST ES FÜR PRIVATANLEGER SINNVOLL, IN KRYPTOS ZU INVESTIEREN?
Hosp: Ich denke, dass der Markt sehr riskant ist und man nur einen kleinen Teil dort investieren sollte. Wer aber überhaupt nicht involviert ist, macht aus meiner Sicht etwas falsch, da ich langfristig weiterhin großes Potenzial sehe. Auf der anderen Seite denke ich, dass man ebenso etwas falsch macht, wenn man zu viel oder sogar alles auf Kryptos setzt. Für die meisten Privatanleger ist sicherlich ein Anteil am Gesamtportfolio von bis zu zehn Prozent optimal.
JULIAN HOSP: WIE WÜRDEN SIE MOMENTAN VORGEHEN, UM ALS ANLEGER NEU AM KRYPTOMARKT EINZUSTEIGEN?
Hosp: Angenommen, Sie haben ein Portfolio im Wert von 100.000 Euro. Ich würde dann zehn Prozent davon investieren, also 10.000 Euro, und dabei auf Bitcoin und Ethereum setzen. Zum Einstieg empfehle ich die 50-50-Strategie. Das bedeutet, die Hälfte der geplanten Positionen jetzt zu kaufen und die andere Hälfte später, beispielsweise nach einem Rücksetzer. Mit dieser Strategie erzielt man in der Regel einen passablen durchschnittlichen Einstiegspreis. Natürlich gibt es deutlich ausgefeiltere Timing-Techniken, aber ich halte es gern so einfach wie möglich. Für ein möglichst profitables Investment würde ich das Ganze etwa auf Sicht von fünf bis sieben Jahren investieren.
JULIAN HOSP: MOMENTAN SIND KRYPTOWÄHRUNGEN IN EINEM BÄRENMARKT UND AUCH IHR PAY-TOKEN MUSSTE ORDENTLICH FEDERN LASSEN. WIE SCHÄTZEN SIE DIE LAGE EIN?
Hosp: Ich vergleiche das mit der Bereinigung nach der Internetblase. Dieser Prozess ist am Kypto-Markt noch voll im Gange und ich erwarte, dass hier die meisten Akteure Pleite gehen müssen, bevor es einen neuen, großen Bullenmarkt geben kann. Dieser endgültige Washout hat meiner Meinung nach noch nicht stattgefunden. Das sieht man schon daran, dass die Coins heutzutage vor allem zur Gewinnerzielung getradet und nicht wie eigentlich vorgesehen für Bezahlvorgänge verwendet werden. Das deutet klar darauf hin, dass noch viel Spekulation im Markt ist.
B2 Langfrist-Chart Ethereum
Der Chart zeigt den langfristigen Verlauf der Basiswährung Ethereum. Quelle: www.coindesk.com
JULIAN HOSP: DA SIE ÜBERWIEGEND IN BITCOIN UND ETHEREUM INVESTIEREN, GEHEN SIE SICHERLICH DAVON AUS, DASS DIESE BEIDEN WÄHRUNGEN ÜBERLEBEN?
Hosp: Absolut. Auf Sicht von zehn Jahren kann viel passieren, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es dann diese beiden Basiswährungen nicht mehr geben wird. Sie sind einfach die Grundlage für so viele andere Coins, dass sie als Basistechnologie Bestand haben sollten. Sie stehen aufgrund ihrer unterschiedlichen Konstruktion und Anwendungsfälle auch nicht in direkter Konkurrenz zueinander, sodass nach meiner Einschätzung beide überleben werden. Ebenso glaube ich – anders als so mancher überoptimistische Krypto-Guru –, dass auch unsere klassischen Fiat-Währungen wie Euro, US-Dollar und Co. in zehn Jahren noch existieren werden.
JULIAN HOSP: WIE SCHÄTZEN SIE DIE FLUT AN INITIAL COIN OFFERINGS (ICOS) EIN?
Hosp: Privatanlegern rate ich davon ab, hier mitspielen zu wollen. Es ist einfach zu riskant. Um bei ICOs erfolgreich zu agieren, muss man entweder sehr gute persönliche Beziehungen zu den jeweiligen Herausgebern und somit entsprechend wertvolle Hintergrundinformationen haben oder aber großen Zeitaufwand betreiben und sehr gründlich recherchieren. Wenn überhaupt würde ich ein paar Monate abwarten, wie sich die Coins am Markt behaupten, und dann eventuell mit einer kleinen Position einsteigen.
Der Original-Artikel erschien in der Ausgabe 11.2018 im Magazin TRADERS´. Da es sich um einen historischen Beitrag handelt, können sich Personen-, Firmen- und Produktdaten, Webseiten, Software, Strategien, Marktphasen, gesetzliche Regelungen und anderes verändert haben bzw. ungültig geworden sein. Die Aktualität des Artikels bezieht sich somit stets auf das Erscheinungsdatum.
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