"Der Trader Burnout: So vermeiden Sie die psychische Überlastung im Trading – Teil 2"

Der eigene Anspruch – erfolgreich durch Perfektion?

Gestehen wir uns ein, dass wir Menschen nicht perfekt sind. Dass der Mensch nach Perfektion strebt, ist das eine. Dass er sie aber per se niemals erreichen kann, das andere. Warum auch? Schließlich haben wir mit dem Streben nach Perfektion immer wieder die Gelegenheit, uns weiter zu verbessern. Es geht also um die Einstellung zu uns selbst und dem, was wir machen – in unserem Fall das Trading. Natürlich ist es in Ordnung, im Trading nach Perfektion zu streben. Und es ist auch in Ordnung, wenn man diese Perfektion nicht erreicht. Tatsächlich gibt es nur eine Handvoll Trader, die annähernd perfekt traden. Professionell traden bedeutet jedoch, auch in schwierigen Zeiten die Ruhe zu bewahren.

Aber es gibt eine Menge Trader, die erfolgreich und profitabel traden – auch ohne dabei perfekt zu sein. In diesem Sinne ist ein erster Schutz vor dem Burnout die Aufgabe des eigenen Perfektionsanspruchs. Seien Sie nicht von sich selbst enttäuscht, wenn Sie bei einem Trade auf der falschen Seite stehen. Das gehört dazu. Bleiben Sie aber professionell, wenn Ihnen das passiert. Managen Sie Ihren Trade konsequent und nach Ihren Regeln. Und selbst wenn Sie einen Trade ohne konkretes Setup eröffnet haben: Wer emotional in den Markt einsteigt, kann zumindest professionell wieder herauskommen.


B1 DAX-Future im 5-Minuten-Chart

Der FDAX markiert nach seiner Eröffnung jeweils das Tageshoch bei 12.373 Punkten und das Tagestief bei 12.211 Punkten. Anschließend pendelt der Kurs ohne Dynamik innerhalb dieser Range hin und her. Ein konkretes Handelssignal ergibt sich nicht. Trader sind an einem solchen Handelstag bereits ohne Trade sehr erfolgreich. Quelle: www.tradesignalonline.com

Trading – reine Zeitverschwendung?

Das Wesen des Tradings ist es, auf passende Signale zu warten und dann entsprechend zu reagieren. Natürlich gibt es für die unterschiedlichen Marktsituationen eine Vielzahl entsprechender Strategien. Dennoch müssen Sie immer auf diese Situationen warten. Ist es also Zeitverschwendung, den Tag mit Warten zu verbringen? Darauf kann es nur eine Antwort geben: Nein! Wie wäre es mit einem Reframing? Es ist ein großer Erfolg für Sie, wenn Sie es schaffen, den ganzen Tag vor dem PC zu sitzen und keinen Trade zu machen. Denn dann haben Sie geduldig auf Ihre Setups gewartet. Professionell traden heißt auch, geduldig zu sein und den richtigen Moment abzuwarten. Und wenn sie nicht kommen, ist das nicht Ihre Schuld.

Es ist in dieser Situation die weitaus größere Leistung, nicht irgendwohin zu klicken, um überhaupt etwas zu machen. Machen Sie also lieber nichts, bevor Sie irgendetwas machen. Denn „irgendetwas machen“ ist genau das, was die Verluste bringt – und was dann wiederum zu Frustration führt. Sie sind in den sozialen Netzwerken aktiv? Es gibt unzählige Strategien in unterschiedlichen Zeitfenstern in einer Vielzahl von Märkten. Mit wem vergleichen Sie sich? Solange Sie nicht einen Partner haben, der mit dem identischen Trading zu anderen Ergebnissen kommt, ist jeder Vergleich sinnlos. Wenn Sie professionell traden, konzentrieren Sie sich besser auf Ihre eigene Strategie und Fortschritte. Sie können aber selbstverständlich aus den Berichten der anderen lernen: Vielleicht lässt sich ja deren offenbar erfolgreiche Strategie adaptieren?

Die Schuldfrage – versagen wir durch Verluste?

Machen Sie sich bewusst: Sie können nicht immer gewinnen. Sie werden immer auch verlieren. Die meisten Trader verlieren rund die Hälfte ihrer Trades und verdienen dennoch Geld. Sind sie dadurch Versager? Sicher nicht. Ein im Verlust beendeter Trade ist kein Indikator für Können oder Nichtkönnen. Ganz im Gegenteil: Ein professionell gemanagter Trade zeugt von echtem Können. Doch was können Sie tun, wenn Sie unglücklich ausgestoppt wurden? Die Antwort ist einfach: Geben Sie dem Trade einfach mehr Raum und verringern Sie gleichzeitig Ihre Positionsgröße. So können Sie entspannt Ihren Regeln folgen, ohne durch die kleinen Spielereien der Marktteilnehmer aus dem Markt genommen zu werden.

Wenn Sie aber trotzdem Opfer fremder Mächte werden, sehen Sie es locker. Mit einem konkreten Risiko- Management bleibt Ihr Kapital geschützt und Sie haben immer noch die Möglichkeit, neu in den Markt einzusteigen. Vielleicht hilft Ihnen dabei auch folgende Erkenntnis: Wenn der Markt Ihren Stopp-Loss nimmt, wird es genügend Marktteilnehmer geben, die eine Position auf der Gegenseite eröffnen. Geht der Kurs dann wieder in Ihre präferierte Richtung, können Sie davon ausgehen, dass genau diese Marktteilnehmer unter einem gehörigen Zugzwang stehen. Und welche Erkenntnis könnte dann besser geeignet sein, um eine entsprechende Position zu eröffnen? In diesem Sinne haben es die Big Boys auch nicht auf Ihren Stopp-Loss abgesehen, sondern auf den Stopp-Entry der anderen. Wie gefällt Ihnen dieses Bild?


Die wichtigsten Tipps gegen den Trader Burnout

  • Achten Sie auf Ihr Risiko!
  • Perfektion ist kein Zustand, Perfektion ist ein Streben.
  • Verringern Sie das Frustrationspotenzial, geben Sie dem Markt Raum für seine Bewegungen.
  • Ändern Sie Ihre Sichtweise: Wird Ihr Stopp-Loss gerissen oder der Stopp-Entry der anderen?
  • Handeln Sie Ihre Strategie und nur Ihre Strategie.
  • Bleiben Sie geduldig und konzentriert. Kein Signal – kein Trade.
  • Geben Sie sich Zeit. Trading ist ein Marathon.
  • Vertrauen Sie sich und Ihrem Tun.
  • Lernen Sie immer wieder neu dazu.

Zermürbung durch Ungeduld?

Eine Preisfrage: Wann tritt die größte Zermürbung im Trading ein? Natürlich: Wenn die Verluste zu groß geworden sind. Die Anhäufung von Verlusten ist allerdings nichts, was Sie dem Markt ankreiden könnten, sondern was selbstverschuldet ist. Wer also frustriert und zermürbt ist, ist gut beraten, zuerst das eigene Risiko-Management zu überprüfen. Die Erfahrung zeigt, dass die größten Verluste immer dann auftreten, wenn emotional und ohne konkreten Anlass gehandelt wird – ob es nun die Antizipation eines Signals ist, das niemals erzeugt wird, oder das Drehen einer Position mitten in der Bewegung. Im Regelfall sind wir Trader es selbst, die die Verluste herbeiführen – nicht der Markt.

Dementsprechend ist es ein guter Schutz gegen emotionale Erschöpfung, einfach nur auf entsprechende Signale zu warten und dann auch nur diese regelkonform zu handeln. Professionell traden bedeutet in diesem Kontext, sich diszipliniert zurückzuhalten, bis die richtigen Signale erscheinen. Der positive Effekt ist dabei vielschichtig: Nicht nur, dass die Handelsfrequenz sinkt, auch die emotionale Belastung wird spürbar verringert. Bleiben Sie also geduldig, warten Sie ab und handeln Sie gemäß Ihrer Strategie. Der Markt bietet im Rahmen seiner Bewegungen viele Trading-Gelegenheiten. Ihre Aufgabe ist es, darauf zu warten und Ihr Risiko entsprechend zu managen.

Fazit

Erwarten Sie viel – aber nicht sofort! Trading ist ein Marathon. Sie werden dabei viele kleine Schritte machen – in beide Richtungen. In diesem Sinne ist es auch nicht der einzelne Trade, der zählt, sondern die Summe Ihrer Trades – vorausgesetzt, Sie beherrschen das Risiko. Solange Sie davon überzeugt sind, das Richtige zu tun, werden Sie auch eher früher als später die ersten Schritte zum Erfolg machen können. Um erfolgreich zu sein, sollten Sie stets professionell traden und sich nicht von kurzfristigen Rückschlägen entmutigen lassen.


Der Original-Artikel erschien in der Ausgabe 05.2018 im Magazin TRADERS´. Da es sich um einen historischen Beitrag handelt, können sich Personen-, Firmen- und Produktdaten, Webseiten, Software, Strategien, Marktphasen, gesetzliche Regelungen und anderes verändert haben bzw. ungültig geworden sein. Die Aktualität des Artikels bezieht sich somit stets auf das Erscheinungsdatum.

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