Roboter beziehungsweise Automation im Allgemeinen nehmen immer mehr Platz in unserem Alltag ein. Unsere Autos können schon alleine fahren und brauchen uns zum Teil nur noch, weil sie rechtlich nicht alleine fahren dürfen. Unsere Lichter und Heizungen werden über Sprache gesteuert und unsere Smart Watch ruft eigenständig den Notarzt, wenn wir von der Leiter fallen. Auch vor den Finanzen machen Roboter nicht Halt und wollen uns das Leben erleichtern – und sind der Meinung, dass sie es besser als wir Menschen können. Eigentlich haben sie auch Recht. Roboter können unser Geld rund um die Uhr verwalten, sie werden nicht müde, entwickeln keine Gier bzw. Emotionen, und können viel schneller als wir Zusammenhänge erkennen und Formeln berechnen. Natürlich haben sie auch ihre Schwächen. Die größte Schwäche der Roboter ist, dass sie von uns Menschen abhängig sind, und wir den Schalter jederzeit in der Hand haben. Füttern wir sie nicht mehr mit frischen Daten, dann sind die handlungsunfähig. Wir sollten uns also nicht gegen den Vormarsch der durch Hollywood als gefährlich geltenden Roboter wehren, sondern uns über die Vorteile freuen. Doch welche sind das genau, und wie können wir im Bereich Finanzen davon profitieren? Die Definition von Robo-Advisor beschreibt, wie diese digitalen Berater den Anlegern die Kontrolle überlassen und gleichzeitig ihre Investitionen automatisiert verwalten.
Definition Robo-Advisor
Die Definition von Robo-Advisor ist ein Begriff, der erst jüngst von einigen FinTech-Start-ups geprägt wurde. Ihn gab es bis dato zum Beispiel noch nicht einmal in irgendeiner Richtlinie der BaFin. Es war zu Beginn auch unklar, ob und wie solche Geschäftsmodelle von der BaFin reguliert werden. Heute gibt es dafür ganz klare Kriterien und Robo-Advisor-Firmen benötigen auch eine entsprechende Lizenz der BaFin. Robo-Advisor bedeutet einfach übersetzt „Roboter“ und „Berater“. Im Grunde genommen ist dies der Bankberater in digitaler Form. Wenn wir uns für einen Robo-Advisor entscheiden, dann ist der Ablauf in der Regel in wenigen Schritten erledigt:
- Wir geben an, wie viel Geld wir investieren möchten.
- Wir entscheiden uns für unsere Risikobereitschaft (niedrig, mittel oder hoch).
- Wir geben an, wie lange wir das Geld investieren möchten.
- Die Verträge werden unterschrieben und ein paar rechtliche Vorgaben erfüllt.
- Fertig!
Oft tauchen zwischen den einzelnen Schritten noch ein paar Fragen auf, um eine Anlagemöglichkeit zu finden, die möglichst gut zu uns passt. Danach ist das Geld für ein paar Jahre angelegt und wir haben keinen weiteren Aufwand mehr. Der digitale Berater verwaltet von nun an unser Geld. Er entscheidet zum Beispiel, welche Exchange Traded Funds (ETFs) wann in unser Portfolio geholt und wann sie wieder verkauft werden. Auf Basis unserer Antworten werden wir in Risikokategorien unterteilt und der digitale Berater handelt die zu uns passende Strategie. Haben wir zum Beispiel angegeben, dass wir sehr risikoscheu sind, dann wird unser Portfolio mit einer Strategie gehandelt, die auf wenig Risiko beziehungsweise Schwankung ausgelegt ist. Die Anlage ist nicht mit einem Maßanzug zu vergleichen, sondern eher mit Anzügen, die in Einheitsgrößen erhältlich sind. Sie werden uns zwar passen und auch gut aussehen, aber nicht bis ins letzte Detail perfekt sitzen. Ähnlich sieht es auch mit der Anlage aus. Durch die wenigen Fragen, die im Schnitt gestellt werden, kann natürlich keine perfekte Anlagestrategie entworfen werden.
T1 Vor- und Nachteile
Die Tabelle zeigt die Vor- und Nachteile von Robo-Advisors und Algo-Trading auf einen Blick. Quelle: eigene Angaben des Autors
Definition Algo-Trading
Algo-Trading steht für den automatisierten Börsenhandel. Roboter entscheiden eigenständig, wann sie Positionen öffnen bzw. schließen, und wann oder wo sie ihren Stopp-Loss und Take-Profit setzen. Die Grundlage ist dieselbe wie bei einem Robo-Advisor: Die Aktivitäten an der Börse übernimmt der Roboter. Kommen wir aber zum großen Unterschied: Beim Algo-Trading haben wir als interessierter Anleger mehr in der Hand. Wir entscheiden, welche Roboter wann und mit welchem Risiko handeln. Wir können jederzeit Roboter aktivieren und deaktivieren. Plötzlich ist der Bitcoin interessant? Dann wenden wir einen Roboter auf den Bitcoin an. Wir brauchen das investierte Geld kurzfristig für andere Dinge? Kein Problem, denn es kann einfach von unserem Konto abgebucht werden. Daran merken wir schnell, dass wir beim eigenständigen Algo-Trading viel mehr Mitspracherecht haben. Wir sind sehr flexibel und können mit unserem Geld tun und lassen, was wir wollen – und es natürlich auch sehr schnell verlieren. Das Wichtigste dabei: Wir benötigen profitable Handelssysteme (auch Expert-Advisor genannt), die wir auf unserem Konto aktivieren können. Wenn wir eine profitable Handelsstrategie haben, dann können wir oder ein Programmierer sie in ein Handelssystem packen. Wenn wir noch gar keine Handelsstrategie haben, dann bleibt uns noch die Wahl, ein fertiges System zu kaufen oder zu mieten.
Zeit und Gebühren
Der größte Unterschied liegt bei den beiden Varianten im Aufwand und in der alltäglichen Arbeit. Robo-Advisor benötigen nach der Einrichtung (Abschluss und Einzahlung) keine wirkliche Zuarbeit von uns. Beim eigenständigen Algo-Trading haben wir viel mehr Gestaltungsfreiraum und damit auch mehr Arbeitsaufwand. Einfache Dinge wie die Prüfung, ob das Handelssystem noch läuft, oder ob der MetaTrader ein Update benötigt, müssen wir selbst erledigen. Diese Arbeit lässt sich der Robo-Advisor in der Regel mit einer Gebühr bezahlen. Die fällt dann in der Regel nicht bei uns selbst an, sondern wir zahlen wie gewohnt den Spread beziehungsweise die Gebühr beim Broker fürs Trading.
Mindesteinlage
Viele Robo-Advisor fordern eine relativ hohe Summe, die mindestens eingezahlt werden muss. Je nach verfügbarem Kapital muss das nicht zwingend ein Nachteil sein. Wenn wir das Algo-Trading selbst in die Hand nehmen, dann müssen wir lediglich die Mindesteinzahlung unseres Brokers erreichen. Sie liegt zum Teil bei nur 50 bis 200 Euro.
Verfügbarkeit der Gelder und Auszahlungen
In diesem Punkt nehmen sich die Varianten nicht viel. Es ist bei beiden eine zeitnahe Auszahlung des eigenen Kapitals (komplett oder teilweise) ohne Probleme möglich. Beim eigenständigen Algo-Trading würden wir die Handelssysteme stoppen und das Geld beim Broker auszahlen lassen. Bei den meisten Robo-Advisor-Anbietern gibt es keine Mindestvertragslaufzeit; auch hier lässt sich das Geld zügig auszahlen.
Professionalität
Bei den Robo-Advisors basieren alle Strategien auf ausführlichen Analysen und Auswertungen. Wir können davon ausgehen, dass die Strategien nicht schnell in wenigen Stunden entwickelt wurden. Wenn wir einen eigenen Roboter ins Rennen schicken wollen, dann liegt es an uns. Wir müssen die Strategie unserer Roboter gründlich analysieren und testen.
Der Erfolg
Am Ende zählt für viele nur ein Punkt: die Rendite. Doch bei beiden Varianten gibt es keine Garantie dafür, dass sich unser Geld vermehrt. Keine Handelsstrategie der Welt kann in die Zukunft blicken. Wir haben lediglich die Möglichkeit, eine Strategie zu entwickeln, die in der Vergangenheit profitabel gewesen wäre. Es gibt zahlreiche Methoden, um die Wahrscheinlichkeit zu steigern, dass wir auch in naher Zukunft ein ähnliches Ergebnis erzielen werden – aber keine Garantie. Die Definition von Robo-Advisor hilft dabei zu verstehen, dass diese Methode vor allem für langfristige Anlagen entwickelt wurde. Robo-Advisor sind noch relativ jung am Markt. Wie gut ihre Roboter langfristig im Live-Trading sind, lässt sich derzeit noch nicht genau sagen. Das Algo-Trading an sich ist nichts Neues. Schon seit sehr vielen Jahren sind Roboter an der Börse unterwegs – zu Beginn nur bei Banken und Vermögensverwaltungen, und inzwischen auch bei Privatanlegern.
Fazit
Am Ende gibt keinen klaren Gewinner. Jede Art des Investments hat seine Vor- und Nachteile. Die Definition von Robo-Advisor zeigt klar, dass dieses System für Menschen gedacht ist, die langfristig investieren möchten, ohne sich aktiv um ihr Portfolio kümmern zu müssen. Beide Anlagemöglichkeiten haben die gleiche Basis: Algorithmen treffen die Entscheidungen und nehmen uns das Handeln ab. Sie bauen Positionen auf, schließen sie, berechnen und setzen den Stopp-Loss bzw. das Gewinnziel, und brauchen uns Menschen bei diesen Aktivitäten nicht mehr. Wer sich für das Thema „Automatisierter Börsenhandel“ interessiert und sich technisch gerne damit beschäftigt, der wird sehr wahrscheinlich mit dem Algo-Trading mehr Freude haben. Wer sein Geld investieren und sich dann ein paar Jahre nicht mehr weiter mit dem Thema beschäftigen möchte, für den sind Robo-Advisor passender. Dort ist das Geld in der Regel über Jahre angelegt und wir als Anleger müssen nichts mehr tun.
Der Original-Artikel erschien in der Ausgabe 12.2018 im Magazin TRADERS´. Da es sich um einen historischen Beitrag handelt, können sich Personen-, Firmen- und Produktdaten, Webseiten, Software, Strategien, Marktphasen, gesetzliche Regelungen und anderes verändert haben bzw. ungültig geworden sein. Die Aktualität des Artikels bezieht sich somit stets auf das Erscheinungsdatum.
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