FRANK HELMES: WIE SIND SIE ZUM BÖRSENHANDEL GEKOMMEN UND WAS FASZINIERT SIE DABEI?
Helmes: Letztlich war die Motivation dabei – wie bei den meisten Menschen –, Geld zu vermehren. Die Börse fasziniert mich ungemein, da sie die Chance bietet, reich zu werden. Es ist das Spiel der Spiele und es macht großen Spaß, dieses Spiel zu spielen und dabei zu gewinnen. Mit der umfassenden Value-Datenbank, die ich betreibe, kann ich gezielt nach attraktiven Investmentmöglichkeiten suchen und diese auf ihren fairen Preis überprüfen.
FRANK HELMES: ERINNERN SIE SICH AN IHREN ERSTEN TRADE?
Helmes: Ja, das war der Kauf einer Brasilien-Anleihe. Damals hatten Emerging-Markets-Anleihen noch Kupons von rund zehn Prozent. Zu dem Zeitpunkt war ich Anfänger an der Börse und hatte von Aktien keine Ahnung. Continental war die erste Aktie, die ich gekauft hatte – auch heute noch ein super Unternehmen und eine attraktive Aktie.
B1 Newstrade bei Grubhub
Nach guten Quartalszahlen kaufte Frank Helmes am 08.02.2018 die Aufwärtskurslücke. Zum Redaktionsschluss lag der Stopp bei 69,90 US-Dollar.
Quelle: www.tradesignalonline.com
FRANK HELMES: KÖNNEN SIE UNS ETWAS ZU IHREN GUTEN, ABER AUCH DEN SCHLECHTEN ERFAHRUNGEN UND FEHLERN ERZÄHLEN, DIE SIE IM LAUF DER JAHRE GEMACHT HABEN?
Helmes: Seit dem Jahr 2002 bin ich an der Börse aktiv und habe sehr gute Erfahrung mit den Handelsstilen Value Investing, News-Trading und Indikatoren gemacht, und auf diese Weise sehr viel Geld verdient. 2013 war für mich ein schlechtes Jahr, da ich in dieser Zeit angefangen hatte, im Kurzfristbereich nach Charttechnik mit engem Stopp-Loss zu traden. Unterm Strich habe ich damit viel Geld verloren, sodass ich diesen Handelsstil aufgegeben habe. Aufgrund dieser Erfahrung habe ich einen Eindruck davon bekommen, warum 90 Prozent aller Trader kein Geld an der Börse verdienen. Die Value-Datenbank hat mir dabei geholfen, meinen Handelsstil zu verfeinern und aus meinen Fehlern zu lernen.
FRANK HELMES: WOHER STAMMT IHR BÖRSENWISSEN?
Helmes: Das meiste habe ich mir aus Büchern angeeignet. Insgesamt habe ich über 130 Börsenbücher gelesen, darunter „Buffettology“ (Mary Buffett), „Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.“ (Robert G. Hagstrom) und „So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen“ (Mary Buffett). Zusätzlich nutze ich regelmäßig die Value-Datenbank, um meine Analysen und Investitionsentscheidungen zu unterstützen.
FRANK HELMES: SIE SCHEINEN SICH STARK AN BUFFETT ZU ORIENTIEREN.
Helmes: Ja, er ist mein Vorbild. Von ihm stammt auch mein Lieblingszitat, weil es sehr weise ist: „Ich denke nie darüber nach, was die Börse machen wird. Ich weiß nicht, wie man die Börse oder die Zinsen oder die Konjunktur vorhersagen kann. Und ich habe keine Ahnung, ob die Börse in zwei Jahren höher oder tiefer stehen wird. Ich denke nicht darüber nach, ob ein Markt nach oben oder nach unten geht. Ich kümmere mich nur darum, ob ich ein Unternehmen zu einem akzeptablen Preis kaufen kann. Ich sehe mich nicht als Teil eines Bullenmarkts, sondern als Teilhaber an wunderbaren Firmen. Ich muss zu einem Preis kaufen, der mich glücklich macht.“ Ein weiterer wertvoller Bestandteil meiner Analysen ist die Value-Datenbank, die mir hilft, den fairen Wert von Aktien zu ermitteln.
B2 Verlust-Trade bei HelloFresh
Auch hier kaufte Frank Helmes nach guten Quartalszahlen am 08.02.2018. Allerdings wurde die Position am 19.04.2018 ausgestoppt, als Rocket Internet viele Anteile verkaufte, und die Aktie eine Abwärtskurslücke ausbildete.
Quelle: www.tradesignalonline.com
FRANK HELMES: SIE BETREIBEN EINIGE WIKIFOLIO-ZERTIFIKATE. WELCHES IST IHR LIEBLINGS-WIKIFOLIO?
Helmes: Eindeutig das „GD 200 Hebel 3“ (WKN : LS9HFH). Der Handel nach dem Gleitenden Durchschnitt über 200 Tage (GD(200)) ist eine der besten Strategien an der Börse. Hier wird gekauft, wenn der Kurs eines Index am Tagesende oberhalb des GD(200) ist, und ein Verkauf erfolgt, wenn sich der Kurs am Handelsende unterhalb des GD(200) befindet. Bei schlechten Börsenphasen kann auch verkauft werden, wenn der Kurs tagsüber unter den GD(200) fällt. Im GD-200-Wikifolio, das es seit dem 08.09.2015 gibt, wurde diese Strategie anfangs mit einem Hebel-3-Zertifikat auf den DAX umgesetzt. Mittlerweile wird ein Hebel-3-Zertifikat auf den Nasdaq-100 benutzt, da dieser Index noch mehr Power hat. Diese Strategie hat seit dem Jahr 1995 eine Performance von über 20.000 Prozent erzielt.
FRANK HELMES: WARUM HABEN SIE DEN AKTIEN-CLUB AUF FACEBOOK GEGRÜNDET?
Helmes: Ich wollte mich mit anderen Menschen über die Börse austauschen und auch interessierten Nichtbörsianern vermitteln, dass die Börse etwas Tolles ist, da man dort viel Geld verdienen kann. Ich bin in der Gruppe jeden Tag sehr aktiv. Mittlerweile habe ich mehr als Antwort 90.000 Likes für meine Beiträge erhalten – die meisten kommen aus der Gruppe.
B3 Aktien-Club Facebook
Frank Helmes hat über 90.000 Likes für seine Beiträge auf Facebook bekommen. Die meisten stammen aus Aktien-Club Facebook.
Quelle: www.facebook.com
FRANK HELMES: ALLE PAAR MONATE SIND SIE AUCH INTERVIEW-GAST IM BÖRSEN-RADIO. ÜBER WAS SPRECHEN SIE IN DEN INTERVIEWS?
Helmes: Es geht darum, welche Aktien aus meiner Sicht ein Kauf, und welche um wie viel Prozent gegenüber dem fairen Wert unterbewertet sind.
FRANK HELMES: SIE BETREIBEN DIE VALUE-DATENBANK. WORUM HANDELT ES SICH DABEI?
Helmes: Die Value-Datenbank ist in Deutschland die umfangreichste Value-Auswertung von Aktien. Sie zeigt, welche Aktien zu einem fairen Preis oder sogar noch günstiger zu haben sind. In der Börsen-Community „Aktien-Club Facebook“ wird die Value-Datenbank jeden Freitag veröffentlicht. Wenn Sie in Aktien investieren, sollten Sie niemals zu viel, sondern einen fairen, oder am besten einen noch günstigeren Preis, bezahlen. Überteuerte Aktien kann man zwar kurz- und mittelfristig traden, aber wenn man mit der Absicht einsteigt, in eine Aktie mehrere Monate oder Jahre zu investieren, sollte man möglichst nicht überteuert kaufen. Bei einer solchen Aktie ist das Risiko hoch, dass der Kurs mittelfristig fällt. Viele Menschen haben sich die Finger verbrannt und hohe Verluste eingefahren, als sie überteuerte Aktien – zum Beispiel während der Zeit des Neuen Marktes – gekauft haben.
FRANK HELMES: NACH WELCHEN VALUE-METHODEN BESTIMMEN SIE DEN FAIREN WERT EINER AKTIE?
Helmes: Ich benutze das aktuelle und erwartete Kurs/Gewinn- (KGV und KGVe) sowie Kurs/Umsatz-Verhältnis (KUV und KUVe) sowie das Dividenden- und Discounted-Cashflow-Verfahren. Das KGV-Verfahren geht auf die Wall-Street-Legenden David Dodd und Benjamin Graham (Lehrmeister von Warren Buffett) zurück. Hier wird das aktuelle KGV (errechnet aus dem Gewinn der letzten zwölf Monate und dem aktuellen Kurs) mit dem historischen KGV-Durchschnitt (in der Regel die letzten sieben Jahre) verglichen. Starke Abweichungen aufgrund von Sondersituationen in einzelnen Jahren werden bereinigt, also bei der Durchschnittsbildung nicht berücksichtigt. Dieselbe Vorgehensweise erfolgt beim KGVe-Verfahren, bei dem das KGVe benutzt wird, das aus dem derzeitigen Aktienkurs und der Unternehmensgewinnschätzung der Analysten (Durchschnitt der Schätzungen aller Analysten der Investmentbanken) für das aktuelle Jahr verwendet wird. Eine Aktie ist nach diesen Verfahren günstig, wenn KGV und KGVe niedriger als der historische Durchschnittswert sind. Die gleiche Vorgehensweise ergibt sich beim KUV-, KUVe- und Dividendenverfahren. In einigen Situationen ist es zielführender, diese Kennzahlen anstatt des KGV oder KGVe zu verwenden. Ebenso nutze ich das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF), das den fairen Wert einer Aktie unter anderem anhand des geschätzten Unternehmenswachstums in der Zukunft bestimmt.
FRANK HELMES: WELCHE NACHTEILE MÜSSEN ANLEGER AKZEPTIEREN, DIE DEM ANSATZ DES VALUE INVESTING FOLGEN MÖCHTEN?
Helmes: Man muss mental dazu in der Lage sein, zu kaufen, wenn es an der Börse runter geht und Aktien billig werden. Wahrscheinlich schafft das nicht jeder. Man muss auch dazu in der Lage sein, zu kaufen, wenn Unternehmen in Schwierigkeiten stecken, obwohl gleichzeitig unter Anlegern die Angst umgeht, und viele diese Aktien verkaufen. Das packt auch nicht jeder.
FRANK HELMES: SIE BETREIBEN AUCH DAS SOGENANNTE „BURGGRABEN-DEPOT“. WAS HAT ES DAMIT AUF SICH?
Helmes: Burggraben-Aktien sind Warren Buffetts Lieblingsinvestments und haben ihn reich gemacht. Das Burggraben-Depot hat eine deutlich bessere Wertentwicklung als der DAX erzielt. Betrachten wir zunächst, was einen Burggraben bei einer Burg ausmacht: Eine Burg ist gut geschützt, wenn sie einen großen Burggraben hat. Es ist für Angreifer also schwer, die Burg einzunehmen und zu zerstören. Übertragen auf Unternehmen ist der Burggraben eine starke Marke, ein starker Bekanntheitsgrad verbunden mit hoher Kundenbindung, ein Monopol oder eine monopolartige Stellung, hohe Wechselkosten für den Kunden, Netzwerkeffekte, (technisches) Know-how, eine starke Marktstellung oder ein sonstiger Wettbewerbsvorteil. Wenn ein Unternehmen eines dieser Merkmale aufweist, so ist es für andere Unternehmen schwer, den Burggraben zu überwinden und anzugreifen – also seine Marktstellung durch Konkurrenzprodukte zu schwächen. Burggraben-Unternehmen sind dadurch sicherer als andere Unternehmen. Gleichzeitig steigt der Kurs von Burggraben-Aktien stärker als der von Unternehmen, die keinen oder nur einen kleinen Burggraben haben.
T1 Top-10 Burggraben-Positionen
Die Tabelle zeigt die größten zehn Positionen im Burggraben-Depot von Frank Helmes. Stand: 30.05.2018.
Quelle: www.tradesignalonline.com
FRANK HELMES: SIE SIND AUCH AUF KURZFRISTIGEREN ZEITEBENEN IM NEWSTRADING AKTIV. WIE FUNKTIONIERT IHR ANSATZ HIER GENAU?
Helmes: Beim Trading nach „Pivotal News Points“ kauft man bei guten Nachrichten über ein Unternehmen. Solche Nachrichten führen dazu, dass der Kurs anschließend über Wochen und Monate steigt. Die Kurssteigerung an dem Tag, an dem die News veröffentlicht werden, sollte signifikant sein und mindestens drei Prozent betragen. Selbst wenn der Kurs am Tag der Veröffentlichung schon zum Beispiel zehn Prozent gestiegen ist, lohnt sich noch ein Einstieg, da, wie gesagt, die guten News in den nächsten Wochen und Monaten meistens zu weiteren Kurssteigerungen führen. Wichtig bei dieser Methode ist, dass man auf jeden Fall einen Stopp-Loss bei dem Kursniveau setzt, bei dem die Aktie stand, bevor die Nachrichten rausgekommen sind.
FRANK HELMES: WELCHE TIPPS MÖCHTEN SIE EINSTEIGERN MIT AUF DEN WEG GEBEN?
Helmes: Bildung, Bildung, Bildung. Ich habe Einsteiger kennengelernt, die an der Börse aktiv sind und noch nicht mal wussten, was eine WKN ist, nach Gefühl handeln oder ohne jeglichen Handelsstil agieren. Man sollte erstmal lernen, bevor man aktiv wird, da sonst die Verluste vorprogrammiert sind. Bildung ist generell wichtig und der Schlüssel zum Erfolg im Leben. Die Börse ist hochkomplex und es gibt viele Dinge, die ein Börsianer wissen muss, damit er erfolgreich wird. Man muss ebenso viel lernen wie zum Beispiel ein Arzt, Rechtsanwalt, Ingenieur oder Handwerksmeister. Halbwissen ist vielleicht sogar das schlimmste Wissen an der Börse. Einem Börsianer mit Halbwissen ist oftmals selbst nicht bewusst, dass sein Wissen lückenhaft ist. Er verlässt sich dann auf seine (ungenügenden und oftmals fehlerhaften) Kenntnisse, ohne dass ihm bewusst ist, dass sein Handeln falsch ist, und er macht deshalb viele Fehler. Eine umfassende Nutzung der Value-Datenbank kann hierbei helfen, indem sie Einsteigern eine präzise Analyse und Bewertung von Aktien bietet. Portale wie meine „Trading Academy Trademy“ vermitteln das relevante Wissen über die Börse und können die Zeit verkürzen, die es braucht, um an der Börse erfolgreich zu werden.
Der Original-Artikel erschien in der Ausgabe 07.2018 im Magazin TRADERS´. Da es sich um einen historischen Beitrag handelt, können sich Personen-, Firmen- und Produktdaten, Webseiten, Software, Strategien, Marktphasen, gesetzliche Regelungen und anderes verändert haben bzw. ungültig geworden sein. Die Aktualität des Artikels bezieht sich somit stets auf das Erscheinungsdatum.
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